In dieser Studie wurde der Einfluss des starken Rückgangs der Knickdichte auf die Artenvielfalt von krautigen Waldarten in Knicks untersucht. Es stellte sich heraus, dass nicht die Knickdichte an sich der entscheidende Einflussfaktor ist, sondern die Knickbreite und damit die Qualität des Lebensraums ausschlaggebend für die Artenvielfalt ist.
Knicks bieten einen vielfältigen und waldähnlichen Lebensraum in von intensiver Landwirtschaft geprägten Landschaften. Ihre Geschichte reicht einige Jahrhunderte zurück, die meisten der Knicks wurden allerdings im Zuge der Verkoppelung im 18. und 19. Jahrundert angelegt. Sie dienten als lebende Zäune und lieferten außerdem viele Ressourcen wie Bauholz, Brennholz, Beeren und Nüsse. Am dichtesten war das Knicknetz vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts, während seine Ausdünnung durch erste Umstrukturierungen von Besitzverhältnissen und vor allem die Einführung von Stacheldrahtzäunen bald danach anfing. Die größten Verluste sind während der Flurbereinigung in den 1950er bis 1980er aufgetreten. Insgesamt gab es im Schleswig-Holsteinischen Hügelland einen mittleren Rückgang von 47% des Knicknetzes zwischen dem sehr dichten Netz auf alten Karten von 1877 und heutigen Karten (für eine genauere Erläuterung zur Untersuchung der Knicknetzdichte siehe hier).
In dieser Studie sollte untersucht werden, welchen Einfluss die Dichte des umgebenden Knicknetzes auf die Artenvielfalt in einem Knick hat. Außerdem wurde untersucht, ob man eine höhere Artenvielfalt an Orten vorfinden kann, die 1877 ein dichtes Knicknetz hatten. Pflanzen (und im Speziellen Waldpflanzen) können sehr lange Generationszeiten haben. Daher ist es möglich, dass sie schlechtere Bedingungen (wie z.B. eine Reduktion des Habitats) überdauern, auch wenn sie sich nicht mehr fortpflanzen können und auf Dauer sehr wahrscheinlich lokal aussterben werden. Diese „Aussterbeschuld“ (englisch „extinction debt“) kann Naturschutzmaßnahmen vor Herausforderungen stellen, da der Effekt von Lebensraumverlust oder -verschlechterung nicht direkt messbar ist und man davon ausgehen muss, dass viele Lebensräume mehr Arten beherbergen als auf lange Sicht überleben werden können. Daher ist die Untersuchung von extinction debts von besonderer Wichtigkeit für den Naturschutz. Wenn Verbreitungsmuster von Arten besser zu früheren Bedingungen passen (hier der früheren Knickdichte) als zu heutigen, geht man davon aus, dass eine extinction debt vorliegt. Neben dem Einfluss der Dichte und der Frage nach einer extinction debt, wurde auch die Habitatqualität mit in die Untersuchung aufgenommen. Dafür wurde die Breite der Knicks sowie der pH-Wert gemessen.
Die Ergebnisse waren sehr unerwartet. Nicht nur konnten wir keinen Hinweis auf eine extinction debt finden, der Zusammenhang zwischen umliegender Knickdichte und Waldartenvielfalt war überraschender Weise negativ. Normalerweise würde man davon ausgehen, dass sich mehr Lebensraum in der Umgebung positiv auf die Artenvielfalt auswirkt. Bei eingehender Untersuchung der Daten fanden wir aber ebenfalls einen deutlich negativen Zusammenhang zwischen der Knickdichte und der Knickbreite (und somit der Habitatqualität). Je dichter ein Knicknetz war desto schmaler waren die Knicks. Dies lässt sich damit erklären, dass Landwirte eher dazu neigen, die Knicks schmal anzulegen oder sie schmal zu beschneiden, wenn sie wenig Land zur Verfügung haben. Bei großen Schlägen ist der Anteil, der von Knicks eingenommen wird, geringer, und die Knicks werden dann meist breiter stehen gelassen.
Dies ist von besonderer Bedeutung, denn ein Ergebnis, dass sehr deutlich hervorstach, war der starke positive Einfluss der Knickbreite. Breite Knicks können signifikant mehr Waldarten beherbergen als schmale. Knicks lassen sich mit zwei sehr eng aneinandergerückten Waldrändern vergleichen, die in der Mitte waldähnliche Bedingungen bieten. Daher steigt die Habitatqualität für Waldarten je breiter der Knick und damit der vor starker Sonneneinstrahlung geschützte Innenraum ist.
Weitere Analysen bestätigten, dass der Einfluss der Knickbreite bedeutender für die Waldartenanzahl war als alle anderen getesteten Faktoren. Somit überlagerte der Zusammenhang zwischen Knickbreite und Knickdichte einen möglichen Zusammenhang zwischen der Knickdichte und der Waldartenzahl. Hinzu kamen noch weitere Faktoren, die mit der Knickdichte korrelierten (wie die Nähe zu Wäldern und somit die Bodenqualität sowie das Alter der Knicks), die den Zusammenhang zwischen Artenvielfalt und Knickdichte weiter verschleierten. Damit wurde eine Analyse der extinction debt insgesamt unmöglich gemacht.
Zusammenfassend kann aber gesagt werden, dass die Habitatqualität des noch vorhandenen Lenbesraums wichtiger für die Waldartenvielfalt in Knicks ist als der Rückgang des Lebensraums. Dies soll nicht bedeuten, dass Knicks nicht weiter erhalten werden müssen, sondern dass im Gegenteil noch größerer Wert auf deren angemessene Pflege gelegt werden sollte.